Bad Salzdetfurth - Kryptowährungen wie Bitcoin locken immer mehr Interessierte an, zwei Staaten akzeptieren sie inzwischen als Zahlungsmittel. Zugleich sind sie für viele Menschen immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Deutschlands führender Anbieter für die nötige Ausrüstung sitzt in Bad Salzdetfurth – und sein Geschäft explodiert förmlich. Nur wenige Jahre nach der Gründung nähert sich die Firma Jahresumsätzen im dreistelligen Millionen-Bereich. Wie funktioniert das Ganze? Was müssen Interessierte beachten? Und ist der enorme Stromverbrauch nicht gerade in der aktuellen Krise ein großes Problem?
Die Firma Smart IT Alliance gehört zur Smart IT Holding. Dahinter stehen die Hildesheimer Christian und Jennifer Behrens. Sie haben ihren Betrieb im TecCenter in Bad Salzdetfurth aufgebaut. Zur Gründung vor drei Jahren führten Erfahrungen, die viele Menschen beim Einstieg in die #Kryptowährungen machen: Als sie zu Hause zu viele Geräte im Einsatz hatten, gab es Probleme mit der Stromversorgung und der entstehenden Wärme. Also suchten sie sich eine kleine Halle. Und beschlossen, sich kommerziell mit dem „Mining“, also dem Generieren von Kryptowährungen, zu beschäftigen. Das Unternehmen baute eigene „Farmen“ auf und verkaufte sie weiter, inzwischen handelt es auch im großen Stil mit der Ausstattung.
Der aus Minden-Lübbecke stammende Christian Behrens beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Informatik, begann bereits im Alter von zehn Jahren zu programmieren und arbeitete vor der Gründung seiner Unternehmensgruppe in einer Firma für Marketing und Software-Entwicklung. Seine Frau Jennifer stammt aus Höver bei Sehnde und arbeitete 15 Jahre lang als Kauffrau für Versicherungen und Finanzen, ehe sie „von der Pike auf das Mining-Geschäft lernte“, wie das Ehepaar selbst sagt. Ihre Firma hat rund zehn Beschäftigte und arbeitet darüber hinaus viel mit externen Kräften zusammen.
Wie funktioniert das System?
Vereinfacht gesagt stellt der einzelne Nutzer Rechnerleistung für das Gesamtsystem zur Verfügung. Die Geräte, die sogenannten #Miner, haben die Aufgabe, weltweit die Echtheit von Transaktionen in #Bitcoin und anderen Kryptowährungen zu verifizieren. Das tun Millionen von Rechnern gleichzeitig und geben den Beteiligten damit #Sicherheit. Für diese „Arbeit“ werden die Nutzer dadurch belohnt, dass ihre Geräte Geld in der Kryptowährung generieren. Dieses lässt sich dann in Standard-Währungen wie Euro oder Dollar umtauschen.
Was muss der Nutzer tun?
Ist das System installiert, nichts. Die Miner arbeiten von allein, Firmen wie Smart IT bieten auch Überwachung und Wartung an. Im Grunde genommen handelt es sich um eine Investition wie viele andere auch: Wer interessiert ist, muss kalkulieren, ob der zu erwartende Ertrag im Verhältnis zu den Ausgaben für die Anschaffung der Miner und den anfallenden #Stromkosten steht.
Geht das auch zu Hause?
Kleine Systeme lassen sich auch zu Hause installieren. Einen oder zwei klassischer Miner schafft der heimische Stromanschluss noch, vier schon nicht mehr. Es gibt inzwischen allerdings auch ein kleineres Modell mit geringerer Leistung, von dem sich auch fünf daheim installieren lassen.
Und wenn das System größer sein soll?
Für sogenannte Farmen aus mehreren Minern – nach oben sind dabei keine Grenzen gesetzt – brauchen Interessierte Räume mit #leistungsstärkerem #Stromanschluss. Laut Christian Behrens ist letzteres auch ein wesentliches Problem für Investoren: Nur wenige #Immobilien sind geeignet.
Was kosten Miner überhaupt?
Die Preise schwanken stark. Sind die Kurse der Kryptowährungen hoch, werden die nötigen Geräte in ähnlichem Maße teurer. Sind die Kurse im Keller wie derzeit, fallen auch die Preise wieder. Smart IT hat deshalb ein Büro in #Hongkong eröffnet: Dorthin werden Geräte direkt nach Bestellung geliefert und sind dann im Eigentum des Unternehmens. Das lässt sie per #Flugzeug nach Deutschland bringen. Da es auch kurzfristig zu heftigen Kursänderungen kommen kann, bieten Unternehmen wie Smart IT ihre Preise meist nur tagesaktuell an. Ein #MiniMiner kostet rund 10.000 Euro und verursacht Stromkosten von 50 Euro im Monat, schafft aber im gleichen Zeitraum bis zu 340 Euro Ertrag.
Wie hoch ist der Stromverbrauch?
Ein klassischer #ASIC-Miner verbraucht um die 25.000 Kilowattstunden Strom im Jahr. Christian Behrens empfiehlt Interessierten – ob zu Hause oder bei Mining im größeren Stil – deshalb eine Kombination mit #Photovoltaik-Anlagen oder sogar #Windrädern. Zum einen, um das Mining möglichst „#grün“ zu betreiben, zum anderen aber, damit es angesichts der Stromkosten in #Deutschland überhaupt dauerhaft profitabel sein kann.
Wie groß können „Farmen“ sein?
Da gibt es keine Grenzen. Aktuell bietet Smart IT zwei Farmen für 5,85 Millionen und für 2,5 Millionen Euro zum Verkauf an, beide stehen in einer Halle im TecCenter in Bad Salzdetfurth. Die größere benötigt insgesamt knapp 100 Quadratmeter für die Miner sowie für Anlagen zur Lüftung und Kühlung. Die größte Anlage, die Smart IT bislang verkauft hat, kostete gut 10 Millionen Euro. In Texas gibt es eine Farm, die pro Jahr rund 2,5 Milliarden Kilowattstunden Strom verbraucht, so viel wie 750.000 Haushalte. Die Anlage hat ein Börsenwert von knapp 3 Milliarden Euro.
Wer betreibt solche Farmen?
Die meisten Kunden auch für Unternehmen wie Smart IT sind sehr wohlhabende Einzelpersonen, meist Unternehmer aus unterschiedlichen Branchen, die die nötigen Investitionen direkt stemmen können – denn #Banken #finanzieren zumindest die erste #Farm in der Regel nicht.
Zerstört der Strompreis das Geschäftsmodell?
In Deutschland ist das bei der Kalkulation tatsächlich ein größerer Faktor als in anderen Ländern. Smart IT unterhält bereits Flächen in der #Tschechischen #Republik und will seine Präsenz dort ausbauen. Der Strompreis liegt dort aktuell bei 14 Cent.
Welche Kryptowährungen gibt es?
Die bekannteste ist Bitcoin, doch längst gibt es auch viele weitere – und Bitcoin ist laut Christian Behrens zwar eine Art Leitwährung, aber nicht unbedingt die profitabelste. Wer eine Farm haben möchte, dem empfiehlt der Experte ohnehin einen Mix aus Minern für mehrere Währungen, also neben Bitcoin zum Beispiel auch #Ethereum, #Dogecoin oder #Kadena.
Wie tauscht man um?
Nutzer können sich auf einem Online-Handelsplatz wie #Coinbase ein sogenanntes Wallet, also eine Art Konto für Kryptowährungen, anlegen und diese dort bei Bedarf in Euro oder andere Währungen umtauschen.
Wie sind die Zukunftsaussichten?
In den vergangenen Monaten sind die Kurse für Kryptowährungen deutlich gefallen, weshalb Christian Behrens gerade jetzt den Einstieg empfiehlt: Zwar seien die Strompreise hoch, aber dafür sei die #Hardware derzeit eher günstig zu bekommen. Da immer mehr auch große Unternehmen zunehmend auf die sogenannte Blockchain-Technologie setzen und mit #ElSalvador und der #ZentralafrikanischenRepublik erste Länder Bitcoin als #Zahlungsmittel akzeptiert haben, gehen Fachleute davon aus, dass der Markt dauerhaft bleibt – mit allen Schwankungen, die auch der #Aktienmarkt aufweist.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung Zum Artikel
Bitcoin und Co.
Krypto-Währungen: Deutschlands Marktführer sitzt im Kreis Hildesheim